Hofmannsthals Korrespondenz Briefkultur um 1900

  1. Internationale Tagung der Hugo von Hofmannsthal-Gesellschaft e.V.

Frankfurt am Main, 11. – 14. September 2008

Hofmannsthal war ein ungewöhnlich produktiver Briefschreiber. Über 10000 Briefe, Postkarten und Telegramme von seiner Hand sind überliefert. Das Briefwerk ist jedoch nicht nur umfangreich, es ist zugleich in sich sehr differenziert, da der Autor sich stilistisch und inhaltlich ganz auf seine Adressaten einstellte. So hat jede Korrespondenz ihre eigene sprachliche Form.

Ein Großteil des bekannten Bestandes ist in zuverlässigen Editionen zugänglich. Die Briefe werden viel gelesen und zitiert, doch geht es bis jetzt fast immer um inhaltliche Verbindungen zu Leben und Werk. Hingegen ist noch nicht der Versuch unternommen worden, Hofmannsthals ebenso immenses wie vielfältiges Briefœuvre als solches einer Deutung zu unterziehen und in den Kontext seiner Zeit zu stellen. Generell läßt sich sagen, daß die eng vernetzten Korrespondenzsysteme der Zeit um 1900 deutlich schlechter erforscht sind als die Epistolographie des 18. und frühen 19. Jahrhunderts.

Die nächste Tagung der Hofmannsthal-Gesellschaft 2008 beschäftigt sich ausschließlich mit Hofmannsthals Briefen und Korrespondenzen im kultur- und mediengeschichtlichen Kontext seiner Zeit. Sie stellt sich die Aufgabe, die organisierenden Strukturen und rhetorischen Mittel brieflicher Kommunikation bei Hofmannsthal und darüber hinaus im Fin de siècle auszuleuchten. Wie das beiliegende Programm zeigt, ist es gelungen, ausgewiesene Experten zu gewinnen, die in ihren Vorträgen die Regelwerke sichtbar machen werden, nach denen Freundschaften, Bekanntschaften und familiäre Beziehungen der Jahrhundertwende von Hofmannsthal und seinem Umfeld schriftlich fixiert wurden. In mehreren Arbeitskreisen besteht die Möglichkeit, an ausgesuchten Beispielen die Besonderheiten des Hofmannsthalschen Briefschaffens, aber auch die rhetorischen Strukturen der Textsorte Brief an Gebrauchsbriefen der Zeit um 1900 zu diskutieren.

Gemeinsam mit der Tagung wird im Freien Deutschen Hochstift die Ausstellung ›Der Brief – Ereignis und Objekt‹ eröffnet, die in enger Zusammenarbeit mit der Kritischen Ausgabe entsteht und viele originale Autographen Hofmannsthals zeigen wird. Schließlich werden zwei Veranstaltungen den Gegenstand der Tagung auf andere Weise mit Leben erfüllen: Eine Lesung beleuchtet die Beziehung zwischen Hofmannsthal und Rudolf Borchardt, zu deren Briefwechsel in diesem Jahr ein umfangreicher Kommentarband erscheint, und eine Matinee am Ende der Tagung widmet sich literarisch, kunsthistorisch und musikalisch dem Phänomen der Postkarte.

In einem eigenen Veranstaltungsteil soll – erstmals auf einer Tagung der Gesellschaft – sieben Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit gegeben werden, von ihren laufenden Projekten zu Hugo von Hofmannsthal zu berichten.